Rückblick-Clip: BBC-Kameramann fängt Prag kurz vor der 68er-Invasion ein

Wurden Sie schon einmal von einer Welle des Optimismus erfasst, die einfach nicht anhalten wollte? Genau dieses Gefühl vermittelt dieser BBC-Clip von vor 55 Jahren.

Er zeigt das Leben der Prager Bürger wenige Wochen vor dem großen Umbruch durch den Einmarsch des Warschauer Pakts im Jahr 1968.

Das Video zeigt einige der ikonischen Prager Hotspots, darunter den Náměstí Republiky, die Na Příkopě-Straße, den Wenzelsplatz, die Prager Burg und die Karlsbrücke. Es wimmelt nur so von Touristen, aber im Vergleich zum heutigen Trubel scheint es immer noch ein ruhiger Spaziergang zu sein.

Während die Kamera läuft, fängt sie die Aufbruchstimmung unter den Einheimischen ein. Sie freuten sich auf eine Zukunft mit mehr wirtschaftlicher Freiheit, dank der versprochenen Reformen des Prager Frühlings. Die Menschen freuten sich über mehr Waren in den Geschäften, auch wenn der Westen ihnen schon gut 15 Jahre voraus war. Die Regierung stellte sich gegen Russland, was die Menschen hoffnungsvoll stimmte.

In dem Video spricht ein BBC-Reporter mit einigen Einheimischen, die Anhänger des damaligen Regierungschefs Alexander Dubček und seiner Reformvision sind. Sie wollten, dass sich ihr Land von den sowjetischen Fesseln befreit. Der Reporter deutet auch an, dass es zwischen der Führung auf der Prager Burg und dem Volk eine gewisse Kluft gibt. Doch mit Dubček im Amt sollten sich die Dinge ändern.

Es gibt auch ein denkwürdiges Gespräch mit einem Vertreter des tschechoslowakischen Fernsehens, der verlauten lässt, dass Russland wegen der neu gewonnenen Freiheit der Presse unruhig wird. Es stellte sich heraus, dass die Freiheit, Meinungen offen zu äußern, für einige neu und beunruhigend war, insbesondere für diejenigen, die an die "Nur wir reden"-Politik der Regierung gewöhnt waren.

Gegen Ende des Videos wird unser BBC-Interviewer ein wenig philosophisch. Er spricht über das Dilemma der Tschechoslowakei, die es vermeiden wollte, Russland zu verärgern, aber auch kommunistisch bleiben wollte. Wird die Tschechoslowakei wie Ostdeutschland enden, das praktisch von Russland kontrolliert wird, werden ihre Träume zerplatzen wie in Polen, oder werden sie wie Jugoslawien gedeihen? Er setzt darauf, dass Russland den Schlüssel zu mindestens der Hälfte der Antworten in der Hand hält.

An dieses Video erinnert ein anderes mit dem Titel "Prag - Die traurige Stadt" von British Pathé. Der Film, der vor der Invasion gedreht, aber erst später veröffentlicht wurde, gibt der Geschichte einen ganz anderen Dreh und zeigt eine Stadt, die nach einer unerwarteten historischen Wendung unter Schock steht.